Menschen, die gut zuhören und dann auch noch Nachfragen stellen, können einem Referenten schonmal den Spiegel vorhalten. So passiert bei mir, ungefähr vor einem Jahr. Eine Teilnehmer:in fragte im Audinar nach dem Unterschied zwischen inkrementell und iterativ.

Auf eine derartige Frage ist man natürlich vorbereitet und kann sie leicht mit dem schon oft gebrachten Beispiel parieren: Inkrementell ist, wie ein Puzzle. Es ist erst komplett und vollständig „nutzbar“ (zum Beispiel um es an die Wand zu hängen), wenn alle Puzzleteile passend zusammengefügt sind. Die einzelnen Teile können aber bereits vorher angesehen und somit teilweise genutzt werden.

Die Rakete ist erst mit allen Teilen komplett... Eine Rakete ist aber bereits jetzt zu erkennen!
Die Rakete ist erst mit allen Teilen komplett... Eine Rakete ist aber bereits jetzt zu erkennen!

Für iterativ wähle ich das bekannte Bild des Fortbewegungsmittels, das die Kunden haben möchten:

  • Wir bauen zuerst ein Skateboard. Nutzbar durch die Kunden, die uns Feedback geben können: Es wird ein Lenker benötigt

  • Die zweite Iteration ist ein Skateboard mit vorn lenkbaren Rollen und Lenker. Das Gefährt ist aber zu unbequem

  • Wir konstruieren ein Fahrrad, welches zu anstrengend ist

  • Ein Elektroauto, welches zu langsam ist

  • In letzter Iteration konstruieren wir eine Rakete (schnell und gleichzeitig geeignet die Kunden auf den Mond zu schießen)

Jedes Gefährt ist für sich einzeln nutzbar, kann von den Kunden getestet und durch das Feedback in der nächsten Iteration verbessert werden.

Die Übertragung auf Internal Audit

Als Referent habe ich alles richtig gemacht: Bildlich den Unterschied erklärt und Wissen vermittelt. „Was heißt das jetzt konkret in der Prüfungspraxis? Wir bauen ja nun mal keine Fahrzeuge“. Hochmut, zum Glück hältst du nur wenige Sekunden.

In agilen Audits werden beide Elemente kombiniert. Wäre es denkbar den Bericht iterativ zu liefern und nach dem Feedback des Kunden noch einmal neu zu schreiben? Vielleicht – ich interpretiere die IPPF-Standards auch so, dass es keinen Passus gibt, der dagegensprechen würde.

In der Praxis wird gerade beim Bericht aber mit Increments gearbeitet. Diese Berichtsteile sind auslieferbar, können vom Bereich bereits gewürdigt oder am besten zu einer Verbesserung des Ist-Zustands genutzt werden: Audit that delivers changes, not reports.

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Was die Prüfhandlungen betrifft, wird iterativ gearbeitet: Nehmen wir an, dass in Anlehnung an das Scrum Framework gearbeitet wird. Dann werden im Rahmen des Sprint Plannings die nächsten Prüfhandlungen geplant bzw. vereinbart. Die Planung könnte, weil innerhalb des Audits bereits neue Erkenntnisse zu Tage gefördert wurden, den ursprünglichen Scope der Prüfung beeinflussen. Somit haben wir eine Iteration der Prüfung, die auf dem Feedback aus dem bisherigen Prüfungsverlauf basiert. Super!

Ja, auch ich kenne den Inhalt des „2240 Arbeitsprogramm.A1“: „Das Arbeitsprogramm muss vor Beginn seiner Umsetzung genehmigt werden; alle späteren Anpassungen sind umgehend zur Genehmigung vorzulegen.“

In jedem „konventionellen“ Audit, das ich mitgeprüft habe, erfolgen Änderungen am Arbeitsprogramm. Aus meiner Erfahrung wird diese Änderung mit Kopfnicken, innerhalb eines kurzen Updates der Führungskraft, genehmigt. Beim Sprint Planning ritualisiere ich diese nachträglichen Änderungen sogar, inkl. Aufzeichnungen. Eine These von mir: Durch agile Prüfungsdurchführung werden wir in dieser Hinsicht standardkonformer.

Fazit

Der Unterschied zwischen Iterationen und Inkrementen ist auf den ersten Blick kein großer - beide können mit Teilergebnissen arbeiten. In der wirklichen Anwendung kann die bewusste Entscheidung, ob iterativ oder inkrementell gearbeitet werden soll, einen großen Unterschied machen.

Daher sollten wir die genutzten Begriffe wirklich begreifen – im Sinne des greifbar und anfassbar machen.

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