Im Fernsehen sieht es oft sehr leicht aus: Der Kommissar erkennt an einfachen Gesten, ob sein Gegenüber lügt oder die Wahrheit sagt. Und auch bei vielen Menschen hält sich nach wie vor der Irrglaube, dass ein „Sich-an-der-Nase-kratzen“ oder „Erröten“ eindeutige Lügenerkennungszeichen sind.
Doch diese vermeintlichen Indizien können vieles bedeuten: Lügen, aber auch generelles Unwohlsein, Nervosität, Unsicherheit uvm. Gibt es also keine Möglichkeit Lügen zu erkennen? Das Schlüsselwort lautet: Mikroexpressionen.
Die Kunst der Erkennung von Mikroexpressionen
Wenige Sekunden sind ausschlaggebend, um die Mikroexpressionen im Gesicht eines Menschen zu erfassen. Die meiste Zeit haben wir unsere Gesichtsausdrücke unter Kontrolle. Das Prinzip der Erkennung von Mikroexpressionen beruht darauf, dass wir in den ersten Sekunden unsere Mimik nicht bewusst kontrollieren können. Für Sekundenbruchteile wird unsere Mimik durch das emotionale Zentrum unseres Gehirns gesteuert. In dieser kurzen Zeit erscheint daher unser „wahres Gesicht“. Für den Laien sind die kurzen Gesichtsregungen nicht erkennbar. Doch das geschulte Auge bemerkt die kleinen Veränderungen in der Mimik des Gegenübers.
Diese Abweichungen in dem Gesichtsausdruck können darauf deuten, dass der Gesprächspartner etwas verheimlicht oder die Unwahrheit sagt. Aber Vorsicht vor voreiligen Beurteilungen!
Menschen interpretieren Ereignisse falsch, insbesondere die Bedeutung der Handlungen anderer Menschen und die Gründe, die sie dazu führen, auf die ein oder andere Weise zu handeln.
Was stimmt hier nicht? Unstimmigkeiten als Signale erkennen
Was bedeutet dies nun für Ihre Interviews im Arbeitsalltag? Denken Sie in Ihren Gesprächen nicht zu sehr darüber nach, ob der Gegenüber die Wahrheit sagt oder lügt. Zielführender ist es auf die kleinen Unstimmigkeiten zu achten. Passt die Aussage zu dem Gesichtsausdruck des Gegenübers? Oder verrät die Stimme eine andere Gefühlslage als die Gesichtsmimik zu erkennen gibt?
Wichtige Indizien zur Glaubhaftigkeitsbeurteilung
Achten Sie in Ihren Interviews und Befragungen einmal darauf, was der Interviewte auf Ihre Frage antwortet und wie er oder sie die Antwort formuliert:
Wechselt Ihr Gesprächspartner zwischen Personalpronomen („ich“) und dem unbestimmten Wort „man“? Die unpersönliche Verwendung von „man“ taucht oft in Lügen auf.
Wiederholt Ihr Gesprächspartner oftmals sehr ähnliche oder identische Aussagen? Er/Sie versucht damit Widersprüche zu vermeiden.
Benutzt Ihr Interviewpartner unpersönliche Bezeichnungen anstelle konkreter Namensnennungen (Bsp. „dieser Mann/Frau“)?
Verstärkt oder vermeidet Ihr Gegenüber auffällig den Blickkontakt?
Benutzt Ihr Gesprächspartner auffällig weniger Handbewegungen bei bestimmten Aussagen?
Bitte beachten Sie hierbei, dass Sie die einzelnen Merkmale nicht isoliert betrachten. Weniger Blickkontakt bedeutet natürlich nicht automatisch, dass der Gesprächspartner lügt. Viel wichtiger ist es zunächst, das normale Gesprächsverhalten seines Interviewpartners herauszufinden (z.B. bei unverfänglichen Gesprächen über das Wetter, den letzten Urlaub etc.). So erfahren Sie, wie Ihr Gesprächspartner auf natürliche Weise reagiert. Erst danach können Sie Abweichungen in dem Verhalten Ihres Gegenübers gezielt erkennen und deuten. Und auch dann: Nicht immer steckt eine Lüge hinter einem ungewöhnlichen Verhalten. Aber es lohnt sich, bei Unstimmigkeiten genauer hinzuschauen und nachzufragen …
Weitere Tipps und Tricks für Ihre Lügenerkennung
Um all diese Feinheiten zu erkennen, benötigt es viel Training und Routine. Am 25. & 26. November 2019 zeigt Ihnen der ausgebildete Kriminalpsychologe Dr. Rüdiger Wilmer, wie Sie erfolgreiche Befragungen und Interviews durchführen. Gerade im Bereich der Betrugsaufdeckung und -ermittlung ist es von großer Bedeutung, das nonverbale und verbale Verhalten des Interviewpartners richtig zu deuten und die entsprechenden Fragen zu stellen. In dem Seminar üben und lernen Sie hilfreiche Vorgehensweisen zur Beurteilung von Lüge und Wahrheit in unterschiedlichen Gesprächssituationen.
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